Präambel der Stiftung

In dieser Präambel gebe ich, Ruth C.Cohn, der Stiftung meine Grundüberzeugungen mit auf den Weg:

Was möchte ich mit TZI? Ich möchte, dass jeder Mensch ganz „ich" sagen lernt, weil er nur dann seine Erfüllung finden kann; und in jedem Ich ist bereits das Du und das Wir und die Welt enthalten. Wenn ich mich tief genug in mich einlasse, meinen Augen und meinen anderen Sinne traue, sehe ich auch die Welt draußen - meine Nächsten, Frau, Mann, Kinder, Freund und Freundin, Menschen auf der Straße, auf dem Bildschirm, Bäume, Tiere, Häuser, Berge, Meer und Himmel -

Wenn ich mich ganz auf mich und meine Augen einlasse, sehe ich die Welt, und wenn ich mich ganz auf die Welt einlasse, komme ich zu mir.[...]

Was ich sagen will, ist, dass Drinnen und Draußen - die Selbstverwirklichung, die Weltverwirklichung - sich in mir in Autonomie und Interdependenz treffen. Ich erlebe, dass ich um so autonomer bin, je mehr ich mir unserer Interdependenz bewusst werde, und um so gemeinschaftlicher, je mehr ich meine Eigenart pflege. [...]

Ich möchte Ohren haben, die Schreie der Versinkenden zu hören, und die Schreie von Männern in Folterkellern, [...], und die Schreie der Kinder und Eltern, die gegenseitig die Pein des Marterns ihrer Geliebten mit anschauen müssen.

Ich möchte Menschen, die all dieses Leid nicht wollen, ermutigen, nicht zu resignieren und sich ohnmächtig zu fühlen, sondern ihre Vorstellungskräfte und ihr Handlungsvermögen einzusetzen, um sich solidarisch zu erklären und zu verhalten, solange wir selbst noch autonome Kräfte in uns spüren.

Das ist das Eigentliche, was ich mit TZI möchte.

Die TZI entstand aus der Überzeugung, dass eine werteorientierte Humanität im persönlichen und gesellschaftlichen Leben zu realisieren ist, als eine Antwort auf die menschlichen und politischen Tragödien des 20. Jahrhunderts. Meine Hoffnung auf humane Lebens- und Erziehungsmöglichkeiten nach der Katastrophe des Nationalsozialismus war die Triebfeder für mein geistiges und praktisches Engagement. Die Couch der Psychoanalytikerin war zu klein. Ich wollte ein Konzept entwickeln, mit dessen Hilfe man pädagogisch-therapeutische Elemente in die Arbeit mit nicht-therapeutischen, großen Gruppen einbeziehen kann.

Dank des anregenden und offenen Klimas, das wir in den Workshops und Fachkongressen der modernen US-amerikanischen Therapeutenszene antrafen, entwickelte ich schließlich mit Weggefährten die Themenzentrierte Interaktion und gründete 1966 in New York das Workshop Institut for Living-Learning (WILL), das Institut für Ausbildung, Forschung und Praxis von TZI (Theme Centered Interaction, TCI).

Im Jahre 1968 kam ich auf Einladung deutscher Kollegen erstmals seit dem Kriege wieder nach Europa. Die Reaktion des Publikums ermutigte mich sehr in meiner Vision, dass die TZI auch eine politisch-therapeutische Wirkung in den Menschen entzünden könnte, d.h. dass die Menschen durch diese Methode in ihrer Persönlichkeit so sehr gestärkt werden könnten, dass sie gegen Massenhysterie und Massensuggestion immun werden. Ich fühle mich dieser Aufgabe geradezu verpflichtet, da ich selbst trotz Verfolgung und Emigration Glück gehabt habe.

Es ist Aufgabe und Ziel der Stiftung, diese wertegebundene Geisteshaltung und das damit verbundene methodische TZI - Handwerkszeug jungen Menschen nahe zu bringen. Möge die Stiftung immer die Mittel haben, das Konzept der TZI und ihrer Weiterentwicklungen an viele junge Menschen weiterzugeben.

Düsseldorf, 20.12.08

Ruth C. Cohn